13.7.2009

Der Frankfurt-Ironman aus ganz anderer Sicht:

10 Std. 06 Min.! Das ist das Ergebnis unseres LSV-Ironman 2009.

Eine tobende Menge am roten Teppich entlang, die letzten 500 m geht’s noch mal leicht bergauf, man merkt es nicht, die Menschen brüllen einen zum Zielbogen. Dann die Aussage vom Sprecher durchs Mikro:

„Und als nächstes kommt Bernd Matheis vom LSV 07!

Geschafft! Glücklich und ziemlich platt im Ziel wird man von 2 Helfern empfangen. Erste Frage: ,,Brauchen Sie einen Arzt?“ Antwort: ,,Nein“ (Ich doch nicht.....). Auch hier Menschenmassen, die klatschen während die Sportler zum Verpflegungszelt geleitet werden. Und nachdem die ersten zwei Brötchen und drei Recovery-Drinks im Bauch sind und ich langsam anfange, mich unter den Händen einer erfahrenen Masseurin zu entspannen, lasse ich den Tag noch mal Revue passieren…


Es war eine recht unruhige Nacht, den Wecker um 3 Uhr heute nacht hätte ich fast nicht gebraucht. Raus, noch mal fünf Toasts reingeschoben, eine Stunde Fahrt zum Römer ins Parkhaus. Mann, wo bleibt der Shuttle zum Waldsee in Langen? Ich nehme mir vor, ganz ruhig zu bleiben. Nicht ganz einfach bei 25 Min. Wartezeit. Dann noch schnell in den Wald (da alle Dixies belegt sind) und dann wurde es schon langsam Zeit. Noch schnell Luft auf die Reifen gepumpt, alle Riegel und Flaschen am Rad verstaut und den Neo angezogen. Dann geht’s auf zur Startlinie.

Die Profis waren bereits eine Viertelstunde früher im Wasser. Noch ein suchender Blick in die 30.000 Zuschauer, aber ich konnte meine beiden Kumpels Immes und Frank nirgends ausmachen.

Langsam aber sicher macht sich ein grummeliges Gefühl im Bauch breit. 2.300 Starter auf einer Breite von 300 m im See. Wie soll das gut gehen? Noch eine Minute bis zum Start, Schuss!!!!!!!!!!!!!

Und dann geht sie los, die größte Seeschlacht aller Zeiten. So stellt man sich eine Wäscherei im Mittelalter vor, nur spritzendes Wasser, rote Badekappen und ein Riesenlärm, ein Hauen und Stechen ohnegleichen. Da ich lebend aus diesem Abenteuer hervorgehen möchte beschließe ich, mich ganz am Rand zu halten, was gleichbedeutend ist mit einer erheblichen Verlängerung, von bestimmt 400 m der Schwimmstrecke. Von Schwimmstil kann bei so einer Veranstaltung natürlich keine Rede sein, aber dank Juttas und Rainers Schwimmtraining fällt es mir nicht schwer, auch diese Länge zu bewältigen. Mit zahlreichen anderen Athleten kämpfe ich mich den steilen Kiesanstieg hoch: 1 Std.10 Min. Der erste Teil ist geschafft!

Den Neo schon mal auf halbe Höhe runter und weiter zum Rad, dann mit Vollgas auf dem Rad in Richtung Frankfurt. Erstmal nur Kette rechts und essen, essen essen...................

Unterwegs noch die gute Tat des Tages: Einem danebengreifenden Mitfahrer noch einen Riegel gegeben, er hat sich halb überschlagen vor Dankbarkeit.

Nach ca. 30 km der erste knackige Anstieg, genannt „The Beast“ in Bergen-Enkheim gefolgt vom für mich schlimmsten Teil der Radstrecke, nicht ohne Grund „The Hell“ genannt. Es handelt sich hierbei um ein ca. 800 m langes Stück aus mittelalterlichem Kopfsteinpflaster und letztendlich noch einem leichten Anstieg zum Schluss, bei dem ich mich dann vom meinem Flaschenhalter verabschieden musste. Auf der gesamten Radstrecke trotz der frühen Stunde bereits zahlreiche jubelnde Zuschauer.

Darauf folgte der „Hühnerberg“ und dann kam das Highlight der Radstrecke: In Bad Vilbel liegt die Power-Bar-Meile, auch Heartbreak-Hill genannt. Dort wird jedes Radlerherz weichgekocht. Eine total enge Gasse, die von derart begeisterten Sportfans freigelassen wird. So muss ‚Tour de France-feeling’ sein.

Diese Strecke wird 2 mal absolviert.

Bei der zweiten Runde ein Adrenalinschock: Mein Nebenmann stürzte völlig überraschend bei Tempo 38 km/h und sein Rad flog fast vor meines. Mit Glück konnte ich einen Sturz vermeiden; er hätte bei dieser Geschwindigkeit das Aus bedeutet. Bis auf den sehr starken Wind verlief der Rest recht ruhig, wie man an der Zeit von 5 Std. 07 Min. für 180 km Strecke erkennen kann. Ich hatte fast den von mir gewünschten Schnitt von 36 km/h erreicht.

Nach einem für mich schnellen Wechsel von 2 Minuten ging ich frohen Mutes auf die Laufstrecke. Die erste Runde von 10 km verging im wie Flug und ich traf unterwegs einiges an Prominenz (Andrea Brede und Faris Al-Sultan), mit der ich sogar ein kleines Stück mitlaufen konnte.

Auch die zweite Runde war noch ganz ok, doch dann stellten sich bei 35° C auf nahezu schattenloser Strecke Probleme ein. Bis zum 31. km konnte ich zwar noch ein recht vernünftiges Tempo halten aber danach hatte mein Magen beschlossen, keine Nahrungsaufnahme mehr zuzulassen. Anstatt die dringend benötigten Kalorien zuzuführen, musste ich mich mit kleinsten Schlucken Wasser und Cola zufrieden geben. Und so begann ich, wie man so schön sagt, leerzulaufen. Wäre die Strecke nicht von so vielen begeisterten klatschenden und rufenden Zuschauern gesäumt, von ständig anfeuernden Helfern, von lauter Partymusik, die einen immer wieder hochpeitscht, ich hätte wohl aufgegeben. Und in diesem Zustand entdeckte mich meine Familie, die mich dann nach Überquerung der Mainbrücken jeweils besonders genau im Auge behielt.

Ich kann heute sagen, es waren die härtesten 10 km in meiner Sportlerlaufbahn aber ich habe sie ohne Gehpause durchgezogen!

Beim Passieren des 200 Meter langen roten Teppichs nach 10 Stunden und 6 Minuten vergaß ich alle Schmerzen und Strapazen. Die Zuschauer hatten mich so gefeiert, wie schon zuvor der erste Sieger gefeiert worden war. Die reine Gänsehaut!

Es war ein gigantisches Erlebnis. Auf Platz 332 von 2.300 Teilnehmern beendete ich den längsten Tag des Jahres mit dem Fazit:

Mein schnellstes Rennen, mein schönstes Rennen aber auch der härteste Wettkampf, an dem ich in meinem gesamten Sportleben teilgenommen habe.

Mit sportlichem Gruß

Euer Bernd

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